Neuorganisation der Textilproduktion durch Ferdinand von Fürstenberg

Gewerbe & Handwerk

Ferdinand von Fürstenberg

Vorlage: Caspar Dietrich von Fürstenberg

Stich: Abraham Blooteling (1640–1690)
(Monumenta Paderbornensia 2. Ausg. 1672)

(Wikipedia CC)

Dank der Initiative Fürstbischofs Ferdinand von Fürstenberg (amt. 1661-83) siedelten sich in den 1660er und 1670er Jahren vor allem im Residenzort selbst neue Textilhandwerker an. Hierzu zählten neben einfachen Wollwebern vor allem hochqualifizierte Gewandfärber aus dem niederrheinischen „Ausland“, die vom Landesherrn großzügig privilegiert worden sind. So verpflichtete sich Ferdinand im Februar 1663, dem Gewandfärber Arnolt Zülcher, der aus dem niederrheinischen Lorenzberg im Herzogtum Jülich stammte, auf bischöflichem Grund ein eigenes „farbhauß“ zu errichten.[1] Für dieses bezahlte Meister Zülcher im Jahr 1672/73 einen Hauszins in Höhe von 15 Reichstalern.[2] Diese frühbarocke Färberei lag mit ihren Nebengebäuden wahrscheinlich nördlich der Nepomukbrücke zwischen der Mühlen- und Wasserkunstpader.[3] Zur Absicherung seines Geschäfts erbat sich Meister Zülcher vom Landesherrn ein Färbereimonopol, das für das gesamte Hochstift zu gelten habe: „Alle Lacken [Wolltuche], so im Stifft Paderborn gemacht würden“, sollten ausschließlich bei ihm in Neuhaus koloriert werden.[4] Im Amtsbrief der neuen Färberzunft schrieb man selbst die „Colören“ fest, mit denen das Paderborner Tuch in diversen Grau-, Grün- und Blautönen auf den Markt gebracht werden sollte.[5] Neben den Blau- und Schönfärbern siedelten sich in Neuhaus auch Schwarzfärber an. Meister wie Martin Dolle [6] schätzten offenbar die besondere Wasserqualität der Pader, die dazu beigetragen habe, Wolltuche „schön schwartz zu färben“.[7]

Gemeinde Neuhaus, innerörtlicher Paderverlauf mit Ringgraben, Mühlen und Färbereien, 1850er Jahre (Grundlage: Urkatasterkarte v. 1830, Flur V, Kreis Paderborn, Amt für Geoinformation, Kataster und Vermessung, Bearbeitung M. Ströhmer 2019)
Gemeinde Neuhaus, innerörtlicher Paderverlauf mit Ringgraben, Mühlen und Färbereien, 1850er Jahre (Grundlage: Urkatasterkarte v. 1830, Flur V, Kreis Paderborn, Amt für Geoinformation, Kataster und Vermessung, Bearbeitung M. Ströhmer 2019)

Neben der Anwerbung ausländischer Fachleute reformierte der Fürstbischof auch die mittelalterliche Organisation des heimischen Textilgewerbes. Im Jahr 1666 fasste der Fürst alle über das Land verstreuten Handwerksmeister zusammen, die er in eine landesweite Färberzunft inkorporierte.[8] Diese Paderborner Schwarz- und Blaufärber-Zunft lässt sich bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts nachweisen.[9] Die Ferdinandeischen Privilegien für die Neuhäuser Gewandfärber, Wandmacher und -schneider unterstreichen deutlich den Stellenwert des barocken Textilstandortes Neuhaus. So zentralisierte der Landesherr nicht allein das landesweite Färbereigewerbe am Ausgangs- und Endpunkt der Pader. Nach Ferdinands Willen sollte auch die dem Färben vorgeschaltete Tuchveredelung auf die Neuhäuser Walkmühle konzentriert werden. Das Wandmacherprivileg von 1666 vermerkt hierzu knapp:

„Alleß laken, welcheß zu Paderborn, Newhauß vnd sonsten in der nähe innerhalb Landts gemachet wirdt, [soll] auff vnser alhie zu Newhauß errichteten Walkemühle gewalcket […] werden.“[10]

Dank der bischöflichen Wirtschaftsförderung florierte am Unterlauf der Pader für einige Jahrzehnte eine vorindustrielle Tuchproduktion, welche die Neuhäuser Gewerbestruktur des 19. Jahrhunderts vorprägen sollte.

Neuhaus, Walkmühle vor 1926 (Stadt- und KreisA Pb, Repro einer Ansichtskarte,S-M4, Altertumsverein Paderborn)
Neuhaus, Walkmühle vor 1926 (Stadt- und KreisA Pb, Repro einer Ansichtskarte,S-M4, Altertumsverein Paderborn)

[1] LA Münster, Fürstbistum Pb, Hofkammer Nr. 354, fol. 2r-2v. Aus einem Vertragsentwurf des Meisters Zülcher mit Bischof Ferdinand vom 8. Feb. 1663 geht hervor: Der Landesherr verpflichtet sich, „daß die Färberey bey Ihme vnd seinen Erben pleiben möge“ (Art. 1); eine Garantie, die zusätzlich vom Paderborner Domkapitel ratifiziert werden sollte.

[2] LA Münster, Fürstbistum Pb, Ämterrechnungen Neuhaus (1672/73), Nr. 1081, fol. 102r.

[3] Aus der Neuhäuser Ortschronik (1797) geht hervor, dass nach Auskunft des Rentschreibers Waldeyer im 17. Jahrhundert die „vornehmste färberey […] am Ufer der Pader zwischen den beiden Brücken die vor dem Thore nach Paderborn lag“ gestanden habe. Vgl. EAB Pb, AV Acta 88, fol. 55-100, Zitat fol. 59r.

[4] LA Münster, Fürstbistum Pb, Hofkammer Nr. 354, fol. 2r. Art. 2, Vertragsentwurf 8. Feb. 1663.

[5] Vgl. Amtsartikel der Färber, o. D. (vermtl. 1660er Jahre), LA Münster, Fürstbistum Pb, Hofkammer Nr. 354, fol. 9r-10r. Zu den in Westfalen weit verbreiteten Färbemitteln zählten für die Farben blau und schwarz der Waid. Vgl. Detten, Wirtschaftsleben, S. 123.

[6] Im Rechnungsjahr 1672/73 zahlte „Dolle der Farber“ für das Färben von 185 Laken 15 Rtl., 8 ß und 9 d in die Renteikasse ein. Hinzu kam die Pachtgebühr „des platzes bey der farberey“, für den nochmals 5 Rtl. anfielen. LA Münster, Fürstbistum Pb, Ämterrechnungen Neuhaus (1672/73), Nr. 1081, fol. 102r.

[7] Vgl. Neuhäuser Ortschronik (1797), Aussage des Rentschreibers Waldeyer: „Der Hauptmeister derselben [Färberei] nannte sich Martin Dolle. […] Man hält dafür, daß das Paderwasser schön schwartz zu färben viel beytrage“. EAB Pb, AV Acta 88, fol. 55-100, Zitat fol. 59r; 60r.

[8] Vgl. „Wandmacher Amtsprivilegia“ (1666), LA Münster, Fürstbistum Pb, Hofkammer Nr. 354, fol. 110r-113v.

[9] Vgl. Privilegienbestätigung durch Fürstbischof Franz Egon v. Fürstenberg, 13. Nov. 1790. LA Münster, Fürstbistum Pb, Hofkammer Nr. 391, fol. 1r-4r.

[10] Art. 14, „Wandmacher Amts privilegia“ (1666), LA Münster, Fürstbistum Paderborn, Hofkammer Nr. 354, fol. 111r.

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Dies ist ein Auszug aus einem Aufsatz des Historikers Prof. Dr. Michael Ströhmer. Der Originaltitel des Aufsatzes lautet: "Wirtschaftsregion Pader - Eine geschichtswissenschaftliche Skizze (1350-1950)". Sollten Sie weiteres Interesse an der Wirtschaftsgeschichte der Pader haben, empfehlen wir Ihnen den vollständigen Aufsatz (PDF-Datei) herunterzuladen.

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