Rechtsstreitigkeiten durch Überstauung der Pader

Gewerbe & Handwerk

Neuhaus, Reste des Stauwerks der ehemaligen Walkmühle, 1970er Jahre
(aus: H. SCHÄFERS: Die Standorte der Mühlen im südlichen und östlichen Teil des
Altkreises Paderborn, Staatsexamensarbeit masch. Paderborn 1980, Foto 22, S. 85)

Auch nach der technischen Aufrüstung der Neuhäuser Mühlen am Anfang des 20. Jahrhunderts blieben diese vom Ökosystem der Pader abhängig.So kam es u. a. im niederschlagsreichen Herbst 1924 vor dem Paderborner Landgericht zu einem langjährigen Rechtsstreit zwischen dem Neuhäuser Viehhändler Konrad Thombansen und der Firma A. Rosenthal & Co. Das Unternehmen wurde beschuldigt, zur Aufrechterhaltung seines Mahlbetriebes im Ortskern (Weizen- und Roggenmühle) die Mühlenpader an der Walkmühle rücksichtslos überstaut zu haben.[1] Nach heftigen Regenfällen im Spätsommer 1924 standen die Neuhäuser Paderwiesen für mehrere Wochen unter Wasser. Anstatt, wie gewohnt, bei der „Herbstnutzung“ der Wiesen Futtergras- und einen zweiten Heuschnitt einzufahren, habe die fahrlässige Überschwemmung Thombansens Vieh erkranken lassen. So hätten die Tiere wochenlang im Brackwasser der Pader stehen müssen. Der Paderborner Rechtsanwalt Zarnitz machte im Namen des Viehändlers einen Gesamtschaden von 750 Goldmark gültig. Rosenthals Anwalt Auffenberg hingegen plädierte auf Grundlage eines Gutachtens, das Lippstädter Regierungsbaurat Hummel angefertigt hatte, dass nicht die Mühle, sondern die ungünstige Witterung Schuld an dem Pader-Hochwasser gewesen sei. Dieser Auffassung folgte in erster Instanz das Landgericht Paderborn, sodass sich der unterlegene Viehhändler im April 1926 veranlasst sah, vor dem Dritten Zivilsenat des Oberlandesgerichts in Hamm in Revision zu gehen.[2] In einem technischen Gegengutachten des Regierungs- und Baurates Ibbrügger vom März 1927 wird schließlich Thombansen Recht gegeben: Das Ausmaß der Paderüberschwemmung hätte vermieden werden können, wenn alle Freischütten an der Walkmühle  rechtzeitig aufgezogen worden wären.[3] Folglich sei menschliches Versagen, und nicht die höhere Gewalt des Mikroklimas verantwortlich zu machen.

Neuhaus, Reste des Stauwerks der ehemaligen Walkmühle, 1970er Jahre (aus: H. SCHÄFERS: Die Standorte der Mühlen im südlichen und östlichen Teil des Altkreises Paderborn, Staatsexamensarbeit masch. Paderborn 1980, Foto 22, S. 85)
Neuhaus, Reste des Stauwerks der ehemaligen Walkmühle, 1970er Jahre (aus: H. SCHÄFERS: Die Standorte der Mühlen im südlichen und östlichen Teil des Altkreises Paderborn, Staatsexamensarbeit masch. Paderborn 1980, Foto 22, S. 85)

[1] Vgl. Prozessakte LG Paderborn (25. Sep. 1924 – 04. Mär. 1926), StadtA Pb, A 3713.

[2] Vgl. Prozessakte OLG Hamm (1921-1927), StadtA Pb, A 3714.

[3] Vgl. „Zusammenfassung“ des Gutachtens Ibbrügger, 8. Mär. 1927. StadtA Pb, A 3714, unfol.

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Dies ist ein Auszug aus einem Aufsatz des Historikers Prof. Dr. Michael Ströhmer. Der Originaltitel des Aufsatzes lautet: "Wirtschaftsregion Pader - Eine geschichtswissenschaftliche Skizze (1350-1950)". Sollten Sie weiteres Interesse an der Wirtschaftsgeschichte der Pader haben, empfehlen wir Ihnen den vollständigen Aufsatz (PDF-Datei) herunterzuladen.

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