Entwicklung der "Benediktinerinsel" zur Bade- und Heilanstalt (bis 1842)

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„Die ehemalige Benedictiner Insel zwischen Paderborn und Neuhaus“ im frühen 19. Jahrhundert, Zeichnung von Franz Joseph BRAND (Erzbischöflich Akademische Bibliothek, im Folgenden EAB PbAV Paderborn, Cod. 178, fol. 46)

Bereits aus dem 16. Jahrhundert ist die gewerbliche Nutzung von sechs Quellen im Gebiet zwischen der Pader und dem Rothebach überliefert, welches aufgrund seiner Eingrenzung durch beide Gewässer früh als „Insel“ bezeichnet worden war. Den Quellen wurde zum einen heilende Wirkung zugeschrieben, zum anderen speisten sie mehrere Fischteiche und trugen so zur Ernährung der regionalen Bevölkerung bei. Der Mediziner und Naturgelehrte Jakobus Theodorus Tabernaemontanus beschrieb in seinem 1581 veröffentlichen Buch „New Wasserschatz“, dem seinerzeit weit verbreiteten Standardwerk über die Heilquellen in deutschen Landen, den „Roderbrunn bey der Statt Baderborn“[1] als eine „Erdbechisch Wasser“[2] enthaltende Quelle.
Über die Eigentumsverhältnisse und die konkrete Nutzung des Geländes zwischen Pader und Rothebach liegen erst seit dem frühen 18. Jahrhundert verlässliche Informationen vor. So ist bekannt, dass sich die sogenannte „Insel“ um 1700 im Besitz der Familie von Kanne befand. Der Domkapitular Freiherr von Kanne verkaufte diese während der Amtszeit von Abt Pantaleon Bruns (1709 1727) für 1300 Taler an das Abdinghofkloster. Das fortan „Benediktinerinsel“ oder „Möncheteich“ bezeichnete Areal nutzten die Mönche als sommerliches Refugium und für den Gartenbau. Zu diesem Zwecke errichteten sie ein zweistöckiges Gartenhaus mit großem Saal sowie eine steinerne Brücke, die als Zugang diente.
Nachdem 1802 das Paderborner Land im Zuge der Säkularisation an das Königreich Preußen gefallen war, schrieb die königlich preußische Domänenverwaltung die Benediktinerinsel am 6. April 1803 zur Pacht aus. Ob tatsächlich ein Pachtvertrag zustande kam, ist nicht bekannt. Bedingt durch die napoleonischen Kriege und die Neuordnung Europas ging die Insel zwischenzeitlich in den Besitz des Königreiches Westfalen über, ehe es 1813 abermals dem Königreich Preußen zugesprochen wurde.
Am 20. Juli 1815 erwarb Wilhelm Anton Möller das 6,74 Morgen[3] große Grundstück von der königlich preußischen Domänenverwaltung. Der Kaufpreis betrug 644 Reichstaler zuzüglich einer jährlichen Zahlung von 30 Reichstalern. Erstmals finden sich nun in den Dokumenten Hinweise auf ein Kaffeehaus, in dem öffentliche Festveranstaltungen durchgeführt wurden.

 

„Die ehemalige Benedictiner Insel zwischen Paderborn und Neuhaus“ im frühen 19. Jahrhundert, Zeichnung von Franz Joseph BRAND (Erzbischöflich Akademische Bibliothek, im Folgenden EAB PbAV Paderborn, Cod. 178, fol. 46)
„Die ehemalige Benedictiner Insel zwischen Paderborn und Neuhaus“ im frühen 19. Jahrhundert, Zeichnung von Franz Joseph BRAND (Erzbischöflich Akademische Bibliothek, im Folgenden EAB PbAV Paderborn, Cod. 178, fol. 46)

Bei dem Gebäude könnte es sich um das vormalige Gartenhaus der Benediktiner gehandelt haben. Im Jahre 1830 übernahm Anton Möllers Sohn Ferdinand den Besitz. Dieser verkaufte aus nicht überlieferten Gründen das Anwesen zum 13. Januar 1836 an Franz Xaver Evers, der es bereits Ende selbigen Jahres an den Kürschner Heinrich Linnenbrink veräußerte. Vermutlich hatte Linnenbrink weiteres Gelände erworben, denn am 24. Februar 1840 annoncierte er im Paderbornschen Intelligenzblatt, dass er die nunmehr rund 10 Morgen[4] große Benediktinerinsel mit Garten und Wiese sowie einem großen Graben, der für die Fischzucht genutzt würde, für fünf oder zehn Jahre zu verpachten gedenke. Die auf dem Areal befindlichen Mineralquellen, das Kaffeehaus und die Nebengebäude wären geeignet, „mit wenigen Kosten eine sehr vorteilhafte Badeanstalt“[5] einzurichten. Ein Pächter fand sich anscheinend nicht. Folglich verkaufte Linnenbrink die Liegenschaft am 29. August 1841 an den Goldarbeiter Franz Anton Evers. Im notariell beglaubigten Vertrag ist festgehalten, dass die Insel mehrere Quellen in einem Kreis von rund 40 Fuß beherberge, deren Temperatur konstant 14 ½ 0 R betrage.[6] Die letztgenannte Angabe deckt sich mit jenen späterer Jahre.
Möglicherweise angeregt durch den seit den 1830er Jahren zu beobachtenden Aufschwung des Bade- und Kurwesens, welcher sich insbesondere in den nahe gelegenen Sanatorien in Lippspringe, Meinberg und Driburg beobachten ließ, versuchte der neue Besitzer einen profitablen Bade- und Heilbetrieb aufzuziehen. So beauftragte er 1841 und 1844 den Chemiker Dr. Witting und den Hofrath Brandes mit einer Analyse des Quellwassers. Ihre nicht publizierten Ergebnisse belegten seinen außergewöhnlichen hohen Schwefelgehalt und damit die Heilwirkung. Zudem ließ Evers den Quellverlauf genauer erkunden und ein 36 Fuß[7] langes Rohr verlegen. Mit Hilfe eines weiteren, 12 Fuß[8] hohen Rohres sprudelte die Quelle deutlich stärker als zuvor und bot damit eine ergiebigere Grundlage für den Badebetrieb. Schließlich investierte er in den Bau eines 23 x 10 m großen Schwimmbeckens und in ein einstöckiges Badehaus. Mehrere Wirtschaftsgebäude ergänzten die Einrichtung. Das bereits erwähnte Gartenrestaurant einschließlich einer gedeckten Kegelbahn verpachtete Evers an den Gastwirt Jean Lindemann, über den keine weiteren Informationen vorliegen.

 

[1] Tabernaemontanus, Jacobus Theodorus: New Wasserschatz. Das ist: Von allen heylsamen Metallischen Minerischen Bädern und Wassern … Francfurt am Main 1581, S. 569.

[2] Ebenda.

[3] Rund 1,7 ha.

[4] Rund 2,5 ha.

[5] Paderbornsches Intelligenzblatt Nr. 18 vom 29.2.1840, S. 115.

[6] Der Wert entspricht der seinerzeit in Europa üblichen Temperaturskala Réaumur und beträgt umgerechnet 18,125 °C

[7] Ca. 10 m.

[8] Ca. 3,5 m.

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Dies ist ein Auszug aus einem Aufsatz der Historikerin Jana Völkel und des Historikers Prof. Dr. Peter Fäßler. Der Originaltitel des Aufsatzes lautet: "Die Ottilienquelle, das Inselbad und die 'Curanstalt Inselbad bei Paderborn'. Eine Dokumentation". Sollten Sie weiteres Interesse an der Historischen Entwicklung der "Curanstalt Inselbad Paderborn" haben, empfehlen wir Ihnen den vollständigen Aufsatz (PDF-Datei) herunterzuladen.

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