Löcher in der Paderborner Hochfläche -
der "Bakenponor"

Landschaftsgeschichte

Bakenponor Schachtinnenansicht (Foto: Bernd Thesing, AGHKL)

In den Bachläufen rund um Paderborn lassen sich merkwürdige Dinge beobachten. Gerade noch kann man einen Bach in voller Breite dahinplätschern sehen, doch plötzlich ist das Bachbett trocken. Höchstens nach starken Regenfällen führt der Bach auf seiner gesamten Länge Wasser. Das Wasser verschwindet in einem Schluckloch, das man „Ponor“ nennt. Im Jahr 2017 entdeckte ein Landwirt in einem ansonsten trockenen Bachlauf eine runde Bodenöffnung. Direkt neben einem Bauwerk. Er verständigte die Behörden, diese wiederum den Geologischen Dienst NRW und dieser die in OWL tätigen Höhlenforscher der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Lippe. Gemeinsam wurde das Objekt begutachtet: Das Loch war fast kreisrund und der darunter befindliche Hohlraum kuppelförmig und ca. fünf Meter tief. Der Ponor wird zunächst mit einer Warnbake gesichert, was ihm später den Namen „Bakenponor“ einbrachte.

Der "Bakenponor" - Blick zum Schacht
Der "Bakenponor" - Blick zum Schacht (Foto: Bernd Thesing, AGHKL)

In der Folge auftretende Regenfälle zeigten dann deutlich, was es mit diesem Loch auf sich hatte. Der Bach, der jetzt Wasser führte, verschwand fast komplett in dem Loch. Nachdem das Bachbett Tage später wieder trocken war, wurde die Untersuchung des Ponors fortgesetzt. Alle Beteiligten waren sich einig, dass es sich lohne, den Ponor zu erforschen.

Bekannt ist, dass auf der Paderborner Hochfläche versickerndes Wasser unterirdisch den Paderquellen zufließt. Wichtig war auch zu wissen, wie groß der Ponor tatsächlich ist und ob das benachbarte Bauwerk sicher sei. Da der Ponor in der Lage ist sehr große Wassermengen aufzunehmen, konnte davon ausgegangen werden, dass unter der Erde entsprechend große Hohlräume vorhanden sind. So wurde beschlossen, dass der Ponor von den Höhlenforschern ausgegraben und erforscht werden soll. Dazu musste der Eingang zunächst gesichert werden.

Die Höhlenforscher hatten in der Vergangenheit schon viele Höhlen und Schächte gesichert und schlugen daher vor, den Ponor mit Kanalringen zu sichern. Dazu wird der Ponor zunächst bis auf festen Fels aufgegraben. Am Boden wird dann aus Beton und Stahlträgern ein standfestes Fundament erstellt. Danach wird auf diesem Fundament Schachtring für Schachtring bis zur Oberfläche aufgesetzt. Der letzte Ring erhält einen Betondeckel, in dem ein stabiles Eisentor eingebaut ist. Der Wasserverband „Obere Lippe“ wünschte die Sicherung so anzulegen, dass der Bach zukünftig nicht mehr komplett in den Ponor fließt, sondern an diesem vorbei den alten Bachlauf durch das Trockental nutzt. Die Arbeiten wurden von einer Firma aus dem Sauerland durchgeführt, die auf derartige Aufgaben spezialisiert ist, unterstützt von den OWL-Höhlenforschern.

Schachtabstieg in den "Bakenponor"
Schachtabstieg in den "Bakenponor" (Foto: Bernd Thesing, AGHKL)

Nachdem die Sicherungsarbeiten erledigt waren, konnte mit der Erforschung des Ponors begonnen werden. Unterstützt von Höhlenforschern aus dem Sauerland und aus Niedersachsen wurde der Ponor mit Eimer und Hacke ausgegraben. Wichtig dabei war, die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten. Lose Gesteinsblöcke wurden entfernt, Risse mit Beton versiegelt. Überhänge wurden mit Stahlstützen und Beton gesichert.

Für den Einstieg wählte man zu Beginn der Arbeiten eine „Strickleiter“ aus Stahlseilen und Aluminiumsprossen. Heute wird fast überwiegend am Seil ab- und aufgestiegen. Die Höhlenforscher tragen dazu einen Klettergurt und benutzen sogenannte „Abseiler“ und „Steigklemmen“ für die Ein- und Ausfahrt.

Die Füllung des Ponors besteht aus Geröll, Kies und Lehm. Das Gemisch wird mit der Hacke gelöst und in Eimer gefüllt, die dann mit Hilfe eines Seils noch oben gefördert werden. Wichtig für die im Ponor arbeitenden Forscher ist es, sich niemals unter schwebenden Lasten aufzuhalten. Schnell kann ein Felsblock aus einem Eimer fallen oder der Henkel eines Eimers brechen. Mit zunehmender Abtiefung des Schachtes schützt auch der obligatorische Helm nicht mehr 100-prozentig vor Verletzungen durch herabfallende Felsblöcke. Immer wenn ein Eimer nach oben schwebt, muss die Arbeit unten eingestellt und ein Platz außerhalb der Falllinie aufgesucht werden. Das kostet Zeit. Somit ist es kein Wunder, dass derartige Grabungen Jahre dauern können.

Grabungstelle "Bakenponor"
Zeitaufwendige Grabung mit Eimer und Hacke (Foto: Bernd Thesing, AGHKL)

Stand der Erforschung im Herbst 2021:

Der „Bakenponor“ stellt sich jetzt wie folgt dar: Gesamttiefe ca. 20 Meter. Bereits unterhalb des Einstiegs zeigte sich, dass der Ponor an einer ca. einen bis eineinhalb Metern breiten Kluft angelegt ist. Die Kluft verläuft fast parallel in einem gewissen Abstand zu dem oberirdischen Bauwerk, sodass dessen Gefährdung ausgeschlossen werden kann. Die ersten sechs bis sieben Meter bestehen fast ausschließlich aus Geröll, Kies und Lehm. Danach wird die Kluft, an welcher der Ponor angelegt ist, deutlich, deren Wände aus festem Fels bestehen. Letzterer weist kleinere Klüfte und Schichtfugen auf, die fast waagerecht verlaufen. Zur Zeit ist der Ponor im Bereich des Einstiegschachtes ca. 18 Meter tief. Der Boden wird weiterhin aus Geröll und Kies, weniger aus Lehm gebildet. Eine kurze Kluft zweigt von der Hauptkluft im rechten Winkel ab. Nach SO setzt sich die Höhle noch ca. zwei Meter fort.

Nach NW geht es etwa zwei Meter den Geröllhang abwärts. Eine Art Röhre geht noch einige Meter weiter, ist aber zu eng, um hier hineinzukriechen. Der Boden der Röhre ist mit Lehm bedeckt. Vor dieser Röhre liegt das Geröll relativ locker und deutlich ist zu erkennen, dass es hier weiter nach unten geht. Die Röhre dient offensichtlich bei Rückstau des Wassers als eine Art Überlauf. Direkt unter dem Einstieg herrscht „Dauerregen“. Aus den kleinen Rissen und Klüften dringt das Wasser in den Schacht ein und tropft auf den Boden, wo es sofort im Geröll verschwindet. Es geht ganz offensichtlich weiter nach unten.

Bakenponor Schachtinnenansicht
Bakenponor Schachtinnenansicht (Foto: Bernd Thesing, AGHKL)

Aussicht: Wie tief es noch nach untern geht, ist ungewiss. Da der Höhenunterschied zwischen dem Bakenponor und den Paderquellen ca. 90 Meter beträgt, wäre es möglich, dass der Ponor bis zu 90 Meter tief ist. Realistischer erscheint allerdings die Annahme einer geringeren Tiefe, da mit einem gewissen Gefälle des Wasserspiegels zu rechnen ist.

Folgende Szenarien wären denkbar:

  1. Der Ponor ist komplett bis zum Grund hin mit Schotter und Kies gefüllt. In diesem Falle wäre es eine sehr, sehr langwierige Aufgabe, den Ponor vollständig auszugraben. Ob dann jemals frei begehbare Abschnitte erreicht werden, wäre fraglich.
  2. Es handelt sich um einen „Versturz“. Vom einem Versturz spricht man, wenn herabfallende Felsbrocken den Hohlraum blockieren. Nachfolgende Gesteine würden auf diesen Felsbrocken liegenbleiben und mit der Zeit die Kluft füllen. Hinter einem Versturz wäre der Weg frei. Das ist sehr häufig der Fall und die Höhlenforscher hoffen, dass es auch in diesem Fall so ist. Größere Lücken zwischen den im Schotter eingebetteten Felsstücken lassen hoffen.

Was wäre dann zu erwarten? Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Ist der Wasserspiegel erreicht, würde die Kluft ganz oder teilweise unter Wasser stehen. Um den Gang weiter zu erforschen, müsste, falls möglich, getaucht werden. Ist der Gang hingegen trocken, könnte man diesem folgen. Ein einfacher Durchgang wäre sicherlich nicht möglich. Der Gang würde vermutlich einem Mäander mit Hindernissen und Engstellen gleichen – aber er wäre zu erforschen. Die Art des Gesteins lässt allerdings keine sehr großen Hohlräume erwarten. Im allergünstigsten Fall träfen die Forscher auf Höhlengänge, die recht lang sind. Richtung Paderquellen würden sie aber irgendwann unter Wasser stehen und wären dann nicht mehr begehbar. Unter dem Wasserspiegel würden die Gänge vermutlich in viele schmale Spalten auslaufen, von denen aus die Paderquellen gespeist werden. An welchen Quellen im Quellgebiet das Wasser dann zu Tage tritt wäre noch durch Färbeversuche zu untersuchen. Es könnte auch in die entgegengesetzte Richtung weiter gehen. Vielleicht wäre sogar eine Verbindung mit anderen in dieser Richtung liegenden Höhlen möglich. Um das herauszufinden, graben die Höhlenforscher weiter. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.

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Der nebenstehende Beitrag ist ein Forschungsbericht des Höhlenforschers Bernd Thesing. Sollten Sie weiteres Interesse an dem "Bakenponor" haben, empfehlen wir Ihnen, den Beitrag (PDF-Datei) herunterzuladen.

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