Hopfenanbau an der Pader

Landwirtschaft & Fischerei

Hintergrundbild: Ansicht von Neuhaus, um 1820/30, Aquarell von Friedrich v. Mengersen (Stadt- und Landesbibliothek Dortmund/ Residenzmuseum Schloss Neuhaus, Foto M. Ströhmer 2019)

Am stadtnahen Oberlauf der Pader, welche die Stadtmauer in nordwestlicher Richtung passierte, wurde seit dem Hochmittelalter landesüblicher Ackerbau und Viehzucht betrieben. Der flussnahe Streubesitz an Acker-, Wiesen- und Gartenflächen war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts zwischen weltlichen und geistlichen Grundherren aufgeteilt: Am Südufer der Pader, zwischen dem alten „Neuhäuser Weg“ und dem Fluss, erstreckten sich bis ins 18. Jahrhundert hinein die Parzellen des bischöflichen Tafelguts (ehemalige Villikation „Enenhus“ ).[1] Auf diesen „fürstlichen Ackerbreiten“ wurden seit dem Mittelalter vor allem die Hauptsorten Roggen, Gerste und Hafer angebaut. Im 17. Jahrhundert ließ der Bischof den Komplex neu vermessen und in Gärten und kleinere Ackerparzellen umwandeln.[2] Vor allem hier, im Westen der Paderborner Feldmark, konzentrierte sich der Grundbesitz des Landesherrn entlang des alten Neuhäuser Weges.

Nördlich der stadtnahen Pader befand sich mit der „Mönchs“- oder „Benediktinerinsel“ am Rothebach ebenfalls bischöfliches Pachtland, das zwischen 1709 und 1727 von der Adelsfamilie von Kanne in den Besitz des Benediktinerklosters Abdinghof übergegangen ist.[3] Auf diesem Wiesengrundstück etablierte sich zwischen 1842 und 1912 rund um die „Ottilienquelle“ die erste öffentliche Badeanstalt Paderborns. Ihr folgte später die geschlossene „Curanstalt Inselbad“.

 

Westlich des Riemeke-Baches erwarb das Kloster Abdinghof ebenfalls zu Beginn des 18. Jahrhunderts mehrere Wiesen und (Kohl-)Gärten.[4] Hier wurde wie im Umland von Schloss Neuhaus seit dem 16. Jahrhundert Hopfen als Sonderkultur für klösterliche und bürgerliche Bierbrauereien angebaut (1743: „Hopfengahrte“).[5] Dessen Erträge dürften mit dafür gesorgt haben, dass das Paderborner Bier bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges neben Brot und Getreide zu einem Hauptexportgut der Stadt avancierte.[6]

Über die Struktur und Nutzung der Neuhäuser Feldmark, die am Unterlauf der Pader lag, notierte ein anonymer Chronist für das ausgehende 18. Jahrhundert (1797)[7]:

„Neuhaus liegt auf einer Ebene, und ist mit den Flüssen Alme, Lippe und einem Arm der Pader umgeben. Ehe die Pader nach Neuhaus kommt, theilt sie sich in zwey Arme. […] Der Grund von Neuhaus ist eben und sandig; ein Theil besteht in Wiesen; in Küchengärten die allerhand Arten von Gemüß hervorbringen; in Ackerfeldern, die Weitzen, Rocken, Gersten, Habern, Buchweitzen, Flachs u.s.w. tragen letzlich in Haide, woraus Törfe zum Brennen gestochen werden […].“[8]

Zur Versorgung der fürstlichen Hofhaltung wurde vom Küchenamt südlich des Fleckens, zwischen Alme und Pader gelegen, ein eigener Hopfengarten („Am Hoppenhofe“) unterhalten.[9] Bewirtschaftet wurde dieser wohl eingefriedete Garten durch einen eigens angestellten „Hoppener“. Zusammen mit zu Handdiensten verpflichteten Bauern aus der Minderstadt Neuhaus und den ortsnahen Dörfern („Küchenamt Neuhaus“) übernahm er die Frühjahrsbestellung und Ernte.[10]

Hierzu wurden im 18. Jahrhundert Hunderte von Hopfenstangen von spannfähigen Bauern aus Neuhaus, Elsen, Thune oder Sande nach Neuhaus transportiert. Geschnitten wurde das Holz im „Bekener Forst“/„Neuwald“ (Neu- und Altenbeken), von wo aus sie mit Pferdefuhrwerken herangeführt werden mussten.[11] Bereits in den 1680er Jahren führte ein Weg zu diesem Feldgarten über eine Paderbrücke („Höpperbrücke“), welche den Fluss westlich der späteren Rochus-Kapelle (1767) querte.[12]

[1] Vgl. Balzer, Manfred: Untersuchungen zur Geschichte des Grundbesitzes in der Paderborner Feldmark, München 1977, Karte 1.

[2] Vgl. Balzer, Untersuchungen, S. 619ff.

[3] Vgl. Völkel, Jana/ Fäßler, Peter E.: Die Ottilienquelle, das Inselbad und die „Curanstalt Inselbad bei Paderborn“, Dokumentation Paderborn 2014, S. 1-34, hier S. 6.

[4] Vgl. Balzer, Untersuchungen, S. 90.

[5] Zum Hopfenanbau knapp Detten, Georg von: Westfälisches Wirtschaftsleben im Mittelalter, Paderborn 1902, S. 56f. 

[6] Vgl. zur Marktlage im Spätmittelalter Schoppmeyer, Heinrich: Die spätmittelalterliche Bürgerstadt (1200-1600), in: Jarnut, Jörg e. a. (Hg.), Paderborn, Geschichte der Stadt in ihrer Region, Bd. 1: Das Mittelalter, Paderborn 1999, S. 199-473, hier S. 348-355. Zur Frühen Neuzeit Ehrenpreis, Stefan/ Horstkemper, Gregor: Paderborn im Zeitalter der frühmodernen Landesherrschaft und der Konfessionalisierung, in: Göttmann, Frank e. a. (Hg.), Paderborn – Geschichte einer Stadt in ihrer Region, Bd. 2: Die Frühe Neuzeit, Paderborn 1999, S. 60-147, hier S. 69f.

[7] In Auszügen ediert von Michael Pavlicic: Eine Neuhäuser Chronik aus dem Jahr 1797, in: Die Residenz 86 (1986), 87-88 (1987), S. 11-19; S. 3-11; S. 46-48.

[8] N.N.; Beschreibung von Ort und Schloss Neuhaus (Entwurf n. 1795), EAB Pb, AV Acta 88, fol. 55-100, hier fol. 56r, 97r.

[9] Vgl. Flurkarte Gemeinde Neuhaus, Flur VI „Nassewenne“ (Uraufnahme 1829/30). Kreis Paderborn, Amt für Geoinformation, Kataster und Vermessung, Nr. 2955-01-FL 06 00. Mit der Nennung eines Meisters „Hans“, der als „Bäcker und Brauer“ auf der Gesindeliste der Neuhäuser Amtsrechnungen von 1445-47 steht, liegt ein früher Nachweis für die Eigenwirtschaft der Burg vor. Vgl. Rade, Jürgen: Die Bewohner des Schlosses Neuhaus nach den Rechnungen des Amtes Neuhaus von 1445 bis 1447, in: Pavlicic, Michael (Hg.), Studien und Quellen zur Geschichte von Stadt und Schloß Neuhaus, Bd. 1, Schloss Neuhaus 1994, S. 21-30; hier S. 24.

[10] Frühe Nennung eines „Hoppener“, der zum gemeinen „Huißgesinde“ des Schlosses zählte und jährlich entlohnt wurde, in der Amtsrechnung von 1562/63. LA Münster, Fürstbistum Paderborn, Ämterrechnungen Neuhaus Nr. 1040, fol. 56r. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts werden 17 Hopfenpflücker aufgeführt, die acht Tage lang für 3 Pfennige Tageslohn die Ernte einbrachten. Vgl. Amtsrechnung 1606/07, LA Münster, Fürstbistum Pb, Ämterrechnungen Neuhaus Nr. 1050, fol. 116v.

[11] Vgl. Henning, Friedrich-Wilhelm: Bauernwirtschaft und Bauerneinkommen im Fürstbistum Paderborn im 18. Jahrhundert (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 18), Berlin 1970, S. 129. 

[12] Vgl. die Paderkarte des Jesuiten Johannes Grothaus um 1680. Abgedruckt bei Koch, Josef: Frühe Verkehrsstraßen in der östlichen Westfälischen Bucht. Straßengeschichtliche Untersuchung zur Verkehrslage der Stadt Paderborn (Schriftenreihe des Heimatvereins Neuenbeken, Bd. 3), Paderborn 1977, S. 248f. Die Bezeichnung „Höpper“-Brücke ist im Niederdeutschen mehrdeutig interpretierbar: Sie kann sowohl mit „Hopfner“ oder „Hopfen“-Brücke übersetzt werden wie auch mit der regionalen Bezeichnung für „Frosch“ („Höpper“), der in der Neuhäuser Paderaue sicherlich beheimatet war. Freundlicher Hinweis von Herrn Michael Pavlicic (Sept. 2020). 

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Dies ist ein Auszug aus einem Aufsatz des Historikers Prof. Dr. Michael Ströhmer. Der Originaltitel des Aufsatzes lautet: "Wirtschaftsregion Pader - Eine geschichtswissenschaftliche Skizze (1350-1950)". Sollten Sie weiteres Interesse an der Wirtschaftsgeschichte der Pader haben, empfehlen wir Ihnen den vollständigen Aufsatz (PDF-Datei) herunterzuladen.

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